INTERVIEW
WELCHE VISIONEN HAT DER NEUE
HSW-PRÄSIDENT EIGENTLICH?
Er ist seit September 2023 Präsident der Hochschule Weserbergland (HSW). Die Jobgalerie Weserbergland wollte vom Prof. Dr. Britz wissen wie er über Fachkräftemangel, Innovationen und Zukunft der Region Weserbergland denkt.
Prof. Dr. Peter Britz I Foto: Hochschule Weserbergland
Jobgalerie Weserbergland: Herr Prof. Dr. Peter Britz, zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit nehmen. Sie sind seit September 2023 Präsident der Hochschule Weserbergland. Was sind Ihre Zukunftsvisionen für die Hochschule Weserbergland?
Prof. Dr. Peter Britz: Als Präsident der Hochschule Weserbergland ist es meine Vision, dass die HSW als Innovationsmotor in der Region und darüber hinaus zur Stärkung des Weserberglandes beiträgt. Gemeinsam mit unseren Partnerunternehmen wollen wir so dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Dazu bedarf es einer gewissen Strahlkraft und eines ganzheitlichen Ansatzes. Eine qualitativ hochwertige, interdisziplinäre Aus- und Weiterbildung gehört ebenso dazu, wie eine Forschung, die sich an aktuellen Trends orientiert und deren Ergebnisse direkt in die Lehre zurückfließen. Damit holen wir sowohl die aus- und weiterbildenden Unternehmen als auch die Studierenden und Weiterbildungsteilnehmenden dort ab, wo ihre Bedürfnisse liegen. Wir bieten duale Studiengänge mit hervorragenden Übernahmechancen für Abiturientinnen und Abiturienten, berufsbegleitende Bachelorstudiengänge für junge Berufstätige, die sich weiterqualifizieren und an ihren Arbeitgeber gebunden werden sollen, sowie ein Masterprogramm für zukünftige Führungskräfte. Darüber hinaus streben wir eine verstärkte inhaltliche Internationalisierung an und planen langfristig als Hochschule die eigenständige Durchführung und Betreuung von Promotionsvorhaben. Darüber hinaus werden unsere Weiterbildungsangebote für Unternehmen kontinuierlich ausgebaut, um Fach- und Führungskräfte in der Region zu qualifizieren. Ziel ist es, gemeinsam Talente zu entdecken, aus- und weiterzubilden und langfristig zu binden.
Jobgalerie Weserbergland: Effiziente Energiegewinnung, nachhaltige Umweltstandards, Fachkräftemangel – all das bereitet den Unternehmen gerade im Raum Weserbergland zunehmend Sorgen. Für solche Herausforderungen braucht es qualifizierte Fachkräfte von morgen. Wie möchten Sie die fachliche und persönliche Weiterentwicklung der Studierenden fördern?
Prof. Dr. Peter Britz: Fachlich fördern wir die Studierenden durch eine interdisziplinäre Ausbildung, in der sie von Anfang an lernen, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und Verständnis für die Tätigkeit des anderen zu entwickeln. Dies erfordert neben qualifizierten Lehrenden aus der Praxis eine moderne Lehre, die sich an aktuellen Trends, Themen, aber auch Forschungsergebnissen orientiert. Unser Ziel als Hochschule ist es, diese Forschung entsprechend voranzutreiben. Wenn Sie mich persönlich fragen, ist es für die Studierenden und ihre Entwicklung wichtig, Raum und Zeit für Diskussion und Austausch zu schaffen und regelmäßig interdisziplinäre studentische Gruppen- und Projektarbeiten durchzuführen. Darüber hinaus müssen wir sie persönlich in der Entwicklung ihrer Soft Skills stärken, denn diese sind heute wichtiger denn je. Und um noch einmal auf das Thema Auslandsaufenthalte zurückzukommen: Auch das kann für die Persönlichkeitsentwicklung ganz entscheidend sein. Deshalb ist es mein persönliches Ziel, den interkulturellen Austausch zu fördern.
Jobgalerie Weserbergland: Sie waren jahrelang Geschäftsführer in der Automobil- und Energietechnik. Was konnten Sie damals als Geschäftsführer über Ihre Belegschaft, über Ihr Personal lernen? Was waren in dieser Zeit Ihre größten Herausforderungen?
Prof. Dr. Peter Britz: In den verschiedenen Bereichen, von der Entwicklung über die Produktion bis hin zum Einkauf, arbeiten die unterschiedlichsten Menschen. Wenn ich eines gelernt habe, dann, dass man sie unterschiedlich ansprechen muss, um sie wirklich zu erreichen. Das erfordert einen Blick für das große Ganze und das Zusammenspiel der verschiedenen Tätigkeiten und Tätigkeitsfelder. Dazu ist es hilfreich und auch notwendig, unterschiedliche Führungsstile anzuwenden. Meine größte Herausforderung war die Weltwirtschaftskrise 2008/2009 mit Umsatzeinbrüchen zwischen 60 bis 70 Prozent. Verbunden war diese Zeit mit dem Anspruch, keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen zu müssen. Mit verschiedenen Arbeitszeitmodellen, Kurzarbeit, Überstundenabbau und vielem mehr haben wir damals gegengesteuert. Gleichzeitig stand das Werk vor der Herausforderung, für den nächsten Aufschwung gerüstet zu sein.
Jobgalerie Weserbergland: Eines der Ziele der HSW ist es, Transformation zu gestalten. Gerade die digitale Transformation ist mehr als digitale Technologien, sondern sie verändert die Art und Weise, wie wir künftig arbeiten und Mehrwert generieren. Doch was bedeutet das für Unternehmen und deren Belegschaft? Welche Veränderungen in der Arbeitsweise und der Wertschöpfung kommen auf Arbeitgeber zu?
Prof. Dr. Peter Britz: Die digitale Transformation verändert die Arbeitswelt rasant. Alte Gewohnheiten und Denkweisen am Arbeitsplatz müssen an neue digitale Strukturen und Prozesse angepasst werden, Homeoffice wird möglich – übrigens auch sehr erfolgreich bei uns an der HSW. Als Hochschule der Region sind wir Ausbilder und Arbeitgeber zugleich. Daher spielen die Belange und die Gesundheit der Studierenden und Beschäftigten sowie die damit verbundene Work-Life-Balance für uns eine zentrale Rolle. Als Hochschule stehen wir hier auch vor neuen Herausforderungen. Wir müssen uns zum Beispiel fragen: Wie viel Online-Lehre ist sinnvoll? Welche Inhalte bringen einen echten Mehrwert, wenn sie vor Ort diskutiert und bearbeitet werden? Was ist den Partnerunternehmen in welcher Form zuzumuten, aber auch inwieweit kann und darf künstliche Intelligenz z.B. bei der Erstellung von Fach- und Praxisarbeiten oder gar der wissenschaftlichen Abschlussarbeit eingesetzt werden? Ähnliches gilt für unsere tägliche Arbeit. Auch hier fragen wir uns: Wie oft macht es Sinn, sich live vor Ort zu treffen, wie viele digitale Inhalte brauchen wir im Curriculum der Studierenden und wäre es vielleicht sinnvoll, auch eine Art digitalen Campus anzubieten? Ich denke, das sind alles Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können, aber auch Chancen, von denen wir alle profitieren werden. Wichtig ist es, offen damit umzugehen und neue Methoden und Ansätze auszuprobieren.
Jobgalerie Weserbergland: Welche Gedanken, Worte und Wünsche würden Sie einem Absolventen oder einer Absolventin der Hochschule Weserbergland auf dem Weg und neuen Lebensabschnitt mitgeben?
Prof. Dr. Peter Britz: Ein duales oder berufsbegleitendes Studium erfordert nicht nur intellektuelle Fähigkeiten, sondern auch ein hohes Maß an Organisation, Disziplin und Durchhaltevermögen, das die Studierenden während des Studiums immer wieder unter Beweis gestellt haben. Die Absolventinnen und Absolventen verfügen über ein solides Fundament, auf dem sie ihre weitere Karriere aufbauen können. Sie haben nicht nur Fachwissen erworben, sondern auch wichtige Soft Skills, die in der modernen Arbeitswelt von großer Bedeutung sind. Sie haben gelernt, im Team zu arbeiten, Probleme zu lösen und effektiv zu kommunizieren. Diese Fähigkeiten werden den Absolventinnen und Absolventen in ihrer beruflichen Laufbahn von großem Nutzen sein. Ich wünsche mir, dass die Studierenden ihr Wissen und ihre Fähigkeiten einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Ich wünsche mir, dass sie mutig sind, neue Wege gehen und sich neuen Herausforderungen stellen.
Jobgalerie Weserbergland: Herr Prof. Dr. Peter Britz, haben Sie vielen Dank für das angenehme Gespräch.
Das Interview führte Joel Cruz
„Ziel ist es, gemeinsam Talente zu entdecken, aus- und weiterzubilden und langfristig zu binden“